Die kühnen Schalenbauten des Ingenieurs und Bauunternehmers Ulrich Müther (*1934, † 2007) zählen zu den herausragenden kulturellen Hinterlassenschaften der DDR. Viele sind spektakulär und verkörperten seit den 1960er Jahren Fortschritt und eine bedingungslose Moderne. Die zeitaufwändige aber materialsparende Herstellung von Müthers nur wenigen Zentimetern dünnen Betonschalen entsprach den wirtschaftlichen Bedingungen der DDR. Die Bauten wurden schnell zu einem Exportgut, das Müther auch in Libyen, Jordanien, Kuwait, Polen, Kuba und Finnland konzipierte. Nach 1989 verloren viele seiner Bauten ihre ursprüngliche Nutzung, verfielen oder wurden abgerissen.
Schalenbauten von Ulrich Müther auf Rügen
Die kühnen Schalenbauten des Ingenieurs und Bauunternehmers Ulrich Müther (*1934,† 2007) zählen zu den herausragenden kulturellen Hinterlassenschaften der DDR.
Typ
Themengebiet
Projektlaufzeit
Eigentümer | Nutzer
Musikpavillon Kurmuschel in Sassnitz: Stadt Sassnitz: Claudia Klemens, Ingo Stoltz
Projektbeteiligte
Architekturbüro Nessler, Lauterbach: Heike Nessler; GSE Ingenieur-Gesellschaft, Berlin: Gabriele Henkens, Dr. Jörg Enseleit, Dietmar Böhme; Ingenieurbüro Engelbrecht, Stralsund: Henrik Engelbrecht, Hannes Engelbrecht; Ibast Baustatik, Rostock: Frank Dommnich; Restaurierung Hans- Henning Bär, Sundhagen; MAB Vermessung Vorpommern, Greifswald: Olaf Böhne; Machbarkeitsstudie: Büro für Architektur, Denkmalpflege und Bauforschung adb, Ewerien und Obermann, Berlin: Steffen Obermann, Dr. Beatrice Thön; Ingenieurbüro Niehsen-Baumann, Chemnitz: Lutz Baumann. Außerdem Rast Bau, Sellin, und sieben weitere Unternehmen in der Bauausführung
Denkmalbehörden:
Dr. Markus Sommer-Scheffler
Standort
Nach Begutachtung etlicher Mütherbauten wählte die Wüstenrot Stiftung zwei seiner Kleinarchitekturen für eine operative denkmalpflegerische Instandsetzung aus: den ehemaligen Rettungsturm der Strandwache in Binz und den in Zusammenarbeit mit dem Architekten Dietmar Kuntzsch und dem Statiker Otto Patzelt entwickelten Musikpavillon Kurmuschel in Sassnitz.
Instandsetzung
Beide Bauwerke zeichnen sich durch ihre prominente Lage an der Ostseeküste aus, wobei Sand, Wind, Wasser und der Zahn der Zeit der Bausubstanz erheblich zugesetzt hatten.
Beim Rettungsturm beanspruchen vor allem Temperaturschwankungen und hohe Luftfeuchtigkeit die dünne Betonschale und die hölzerne Fensterkonstruktion. Kondenswasser, Feuchtigkeit und Schimmel im Inneren führten zur Zerstörung der Holzeinbauten und Oberflächenbeschichtungen.
Bei der Kurmuschel drang insbesondere bei Sturm Feuchtigkeit in die Schalenoberflächen sowie in die beiden Kulissenbauten ein. Bei Sturmflut wird die Kurmuschel regelmäßig von Wellen und Treibgut getroffen. Restauratorische Untersuchungen ergaben eine bauzeitliche Farbfassung, welche bei der Instandsetzung rekonstruiert wurde.
Am 26.04.2019 feierten die Gemeinde Ostseebad Binz und die Wüstenrot Stiftung die Wiedereröffnung des Rettungsturms mit einer Abendveranstaltung und einer Ulrich Müther und dessen Werk gewidmeten Lasershow, musikalisch begleitet von Carolina Eyck mit dem Theremin.
Durch unsere Instandsetzung haben die Schalenbauten wieder eine Zukunft, können langfristig und öffentlich zugänglich genutzt werden und machen den Einwohnern und Gästen der Gemeinde Binz und der Stadt Sassnitz Freude. Der ehemalige Rettungsturm wird heute als Standesamt, die Kurmuschel wieder für Konzerte und Veranstaltungen genutzt.
Videobeitrag zur Instandsetzung und zum Werk Müthers
Tagesthemen, 25.04.2018