MDR Kultur, „Renaissance? Die Kunst am Bau der DDR wird neu entdeckt“, 30.07.2021
Flächenkunstwerk von Karl-Heinz Adler und Friedrich Kracht in Plauen
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Die zwischen 1975–1976 entstandene abstrakte Wandgestaltung von Karl Heinz Adler und Friedrich Kracht ist eines der seltenen Beispiele abstrakter Wandgestaltungen in der architekturbezogenen Kunst im öffentlichen Raum der 1970er-Jahre in der DDR. Neben ihrer abstrakten Bildsprache ist sie auch aufgrund ihrer Größe einmalig. Insgesamt 235 Quadratmeter Wandfläche im Eingangsbereich des Rathauses wurden durch die beiden Künstler gestaltet.
Karl Heinz Adler und Friedrich Kracht zählen zu den wichtigsten ostdeutschen Vertretern der Konkreten Kunst. Das im Volksmund „Geisterbahn“ genannte Werk in Plauen wurde 1987 mit Sandsteinplatten überdeckt. Über die Gründe für diese Maßnahme lässt sich heute nur noch spekulieren. Sicher ist: Das Werk war bereits nach seiner Fertigstellung umstritten. Möglicherweise wurde aufgrund der ablehnenden Haltung gegenüber des farbintensiven Werks und vorhandener Schäden und Verschmutzungen auf die ursprünglich geplante Sandsteinverkleidung zurückgegriffen. Diese konnte aus ökonomischen Gründen zuvor nicht realisiert werden – als Ersatz erfolgte die künstlerische Ausgestaltung der Wände durch Karl Heinz Adler und Friedrich Kracht.
Auch über die Wiedersichtbarmachung und Restaurierung wurde heftig debattiert. Nachdem Probebohrungen den guten Erhaltungszustand des Werks unter den Verblendungsplatten bestätigten wurde eine Teilfläche freigelegt. Auch hier überraschte der gute Zustand der Wand. Im Folgenden wurde an einer Musterfläche ein individuelles Restaurierungskonzept erarbeitet.
Zwischenzeitlich wurde das Werk freigelegt und im Auftrag und finanziert durch die Wüstenrot Stiftung durch den Restaurator Martin Fliedner Stück für Stück restauriert. Nachdem im Verlauf der Arbeiten 2022 weitere zum Werk gehörige Flächen im Innenbereich des Foyers entdeckt und in die Restaurierung miteinbezogen wurden erfolgt die Fertigstellung der Arbeiten voraussichtlich bis Ende 2023.
Neben Wandbildern und Skulpturen waren Betonformsteinwände in der DDR die wichtigste Kunstgattung im öffentlichen Raum. 1968 stellten Karl-Heinz Adler und Friedrich Kracht ein „Beton-Formstein-Programm für die plastisch-dekorative Wandgestaltung“ vor. Durch dieses Programm konnten Betonformsteinelemente im Baukastenprinzip seriell, industriell und kostengünstig in großer Stückzahl hergestellt und zu individuellen Wänden zusammengesetzt werden. Seit April 2023 läuft im Auftrag der Wüstenrot Stiftung auch eine umfassende wissenschaftliche Inventarisierung aller bekannten Betonformsteinwände von Karl-Heinz Adler und Friedrich Kracht.
„Ich finde es gut, dass es überhaupt jemand macht, auch so einen Schwerpunkt auf DDR Kunst, weil: Ich hab hier in Ostdeutschland eine Menge Beispiele erlebt (…) wo es hieß, jetzt ist es vorbei und jetzt muss das aber auch bitte weg.“
Martin Fliedner (Restaurator), ZEITFRAGEN 28.12.2020